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02.02.2011 "Das wirkliche Leben trifft seine Vertreter" sagte Hermann Spieß vor mehr als 100 Gästen am Abend des 1.2.2011 auf der Podiumsdiskussion mit 5 Bundestagsabgeordneten im AOK Forum Freiburg.

Mehr als 100 Gäste aus der Region Freiburg und Lörrach diskutierten am Abend des 1. Februar mit den Mitgliedern des Bundestages Peter Weiß (CDU), Gernot Erler (SPD) Michael Schlecht (Linke), Pascal Kober (FDP) und Beate Müller-Gemmeke (Grüne) über die fehlenden Perspektiven junger Menschen im Berufsleben, prekäre Beschäftigung und der Erhöhung des Renteneintrittsalters.

"Die Erhöhung vom Renteneinstiegsalter auf 67 ist Augenwischerei" sagt Alexander Kauz, Betriebsrat bei Delta in Teningen. "Nur ein Beschäftigter in unserem Betrieb ist über 60. Es ist ein reines Rentenkürzungsprogramm" so Kauz.

"Unser Problem in der Metall- und Elektroindustrie ist nicht der Mindestlohn, sondern das Unterlaufen der Tariflöhne" sagte Thomas Bittner, Gewerkschaftssekretär der IG Metall zum Thema Leiharbeit, "wir brauchen Equal Pay vom ersten Tag an. Alles andere setzt die Stammbelegschaft unter Druck!"

"Die wenigsten ausgelernten Azubis werden unbefristet übernommen" sagt Hermann Spieß. "Aber gerade junge Menschen brauchen eine Perspektive, brauchen Chancen auf faire Arbeit und gerechte Entlohnung. Sie müssen auch eine Familiengründung planen können. Unsichere Beschäftigung und besonders das Lohndumping durch Leiharbeit entwertet die Arbeit, es demütigt die Menschen. Wir nehmen eine besondere Art von Apartheit in der Arbeitswelt war."

Das Thema Leiharbeit entfachte eine hitzige Debatte im AOK Forum. Während Müller-Gemmeke und Schlecht Einigkeit in ihren Positionen hatten (Equal Pay + 10% für Leiharbeitnehmer vom ersten Tag an, ähnlich dem französischen Modell) sah Kober lediglich einen Handlungsbedarf, wenn über mehrere Jahre verliehen wird.

Peter Weiß warnt vor einen Angriff auf den Kündigungsschutz, sollte Equal Pay vom ersten Tag an umgesetzt und das Flexibilisierungsinstrument sachgrundlose Befristung abgeschafft werden. Ein Mindestlohntarifvertrag für die Leiharbeit soll allgemeinverbindlich sein. Dies ist nach Gernot Erler unzureichend, da durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU-Beitrittsländer Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn ab dem 1. Mai 2011 alle Branchen betroffen sind. Leiharbeit sei nur eine davon.

Während Pascal Kober bei gut ausgebildeten Menschen keine Probleme auf den Arbeitsmarkt und somit keinen Handlungsbedarf sieht, warnt Gernot Erler vor den Auswirkungen, da auch Studierte gezwungen sind, Praktikas anzunehmen, von denen niemand über die Runden kommt.

Michael Schlecht fordert eine hochgradige Regulierung der Leiharbeit und ein starkes Mitbestimmungsrecht für Betriebsräte. Es sei ein Skandal, das Deutschland ein Niedriglohnland ist.

Es kann nicht sein, das die Agentur für Arbeit Arbeitslose über Zeitarbeitsfirmen für ein Entgelt verleiht, welches ohne Aufstockung nicht zum Leben reicht, kritisiert Beate Müller-Gemmeke.

"Wir werden uns mit der Ungleichbehandlung nicht abfinden, sondern mit betrieblichen Aktionen am 24.2.2011 weiter den Druck auf die Politik erhöhen" resümierte Spieß am Ende der Veranstaltung. "Nehmen Sie unsere Positionen ernst. Wir brauchen eine gesellschaftliche Zusammenarbeit, um etwas gegen die Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Betrieben auszurichten," so Spieß in die Richtung der Podiumsteilnehmer.

Noch lange nach dem offiziellen Ende um 21 Uhr diskutierten einige Gäste über die Themen und Eindrücke des Abends weiter und ließen den Tag in den Räumlichkeiten der IG Metall ausklingen.

Anhänge:

IG Metall Freiburg Podiumsdiskussion 1. Februar AOK Forum

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Letzte Änderung: 02.02.2011